Wien 23.10.2018 mehr von Gerda Boyesen 1922 - 2005
Ich schlage willkürlich eine Seite im Buch: „Von der Lust am Heilen“ Gerda Boyesen 1995 und Claudia Leudesdorff und Christoph Santner, auf. Seite 131 mit dem Kapitel: In einem Boot sitzen, in zwei Richtungen rudern? Und zitiere. Wenn das erlaubt ist. Ist ja aus dem Zusammenhang. Na ja, ich tue es.
G.B. ….."Psychoanalyse hat häufig den Charakter des Katz und Maus Spiels. Die Therapie ist lieblos. Ständig wird nach dem Mausloch gesucht, nach der Abwehr des Klienten. Er wird manipuliert und es wird ihm unterstellt, dass er gar nicht gesund werden will - das ist die größte Idiotie."...
Sie traut sich schon was, die Gerda Boyesen. So herzuziehen über die hochheilige Psychoanalyse. Zu riskieren, da als Körperpsychotherapeutin ohnehin schon einen schwierigen Stand in der etablierten Zunft, noch mehr unter Beschuss zu geraten. Aber ich denke, dass sie, wie sie sagte, schon in ihrer Weiblichkeit gut gegründet war. Viele Geschichten ranken sich, durfte ich miterleben. Mich freuen, mich wundern. Ich durfte bei ihr lernen, sie interviewen. Ich würde ihr jetzt gerne wieder begegnen.
Wien 12.10.2018 Matriarchatsfilmreihe
Zusammen Film schauen ist gut - sage ich doch immer. Darum das Film Cafe im Zentrum PUUN. Der Film aus der Matriarchatsfilmreihe „Eine Minang besucht eine Mosuo“ war wieder berührend und fein. Wir begleiten dabei Selfia Susanti aus Westsumatra, auf ihrer Reise nach Südchina zum Lugo See, wo sie Sadhama und ihre Familie, die sie, wie wir, nur aus dem Film "Wo die freien Frauen wohnen" kennt, besucht. Schön bei dieser Begegnung dabei sei zu können und den Mosuo beim Leben zuzuschauen. Ein verlangsamter und feiner Abend. Selbst das Pferd im Film darf langsam sein. Danke an alle Mitgestalterinnen und GästInnen. Foto oben: Selfia in der Mosuotracht. Großmutter sieht sich das Handyfoto an, dass dann nach Sumatra geschickt wird. Auf den Fotos unten tauschen Sadhama und Selfia ihre traditionelle Kleidung. Sadhama zerkugelt sich über den "Hut". Selfia zur Kamera: "So schaut der Hut eben aus!" (auf deutsch) Selfia ist ein Sprachentalent, unterrichtet Deutsch und liebt die deutsche Sprache.
Wien 20.10.2018 Achtsamkeit und Gerda Boysen
Achtsamkeit, Gerda Boyesen und die Biodynamik
Achtsamkeit ist ein Begriff und eine Haltung, die im Buddism schon lange angewandt wird und momentan in Kreisen der Heilung und Selbstoptimierung große Popularität findet. John Kabath Zin ist einer der bekanntesten Vertreter der Achtsamkeitspraxis, in der budistischen Methoden und die westliche Haltung verbunden wurde. MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) ist ein achtwöchiger Kurs, in dem teilweise aus Hatha Yoga, Vipassana und Zen stammende, aufeinander abgestimmte Aufmerksamkeitsübungen und die Achtsamkeitsmeditation miteinander kombiniert sind.
Wenn ich über die MBSR lese, denke ich mir: sehr gut fundiert, genial kombiniert und strukturiert. Die Ausbildung wird gleich in eine Anwendung und ein Angebot an KundInnen übergeführt.
In der Biodynamischen Psychologie und Psychotherapie (1980) nach Gerda Boyesen war das weniger so. Trotzdem, oder gerade deshalb fand ich, dass diese meine eigene, erste und prägende psychotherapeutische Ausbildung, das Wesentliche vermittelte. Sie hat in Österreich als eine der ersten die Verbindung von Körper, Geist und Seele als grundlegendes Paradigma vorangestellt. Da nach Gerda Boysen und ihrem therapeutischen Hintergrund (Wilhelm Reich, Ola Raknes) der westliche Mensch das Kognitive immer mehr betont, stand in der biodynamischen Psychotherapie und Behandlung der Körper im Zentrum um dieses Ungleichgewicht auszugleichen und die Ressource Achtsamkeit auf Körper sich anzueignen. Dem Körper mit Hinwendung und Achtsamkeit zu begegnen war immer wieder Thema. Die einzelnen Ausprägungen durch die Töchter Ebbah und Mona Lisa und dem Sohn Paul brachten ebenso grundlegende Erkenntnisse in Geburtstraumen und Methoden zur Lösung von Traumata, die mit speziellen Körper-Seele-Geistmethoden behandelt wurden.
Wenn ich an die Zeit meiner Ausbildung denke und in den Büchern von Gerda Boyesen lese, kommt dieser intuitive Aspekt ganz deutlich zum Vorschein. Es wurde in bestimmten Situationen weniger vorgegeben. Gerda schreibt immer wieder von wenig, bis nichts tun. Als Therapeutin, zuwarten was entsteht.
Hier ein Auszug aus „Über den Körper die Seele heilen – Biodynamische Psychologie und Psychotherapie; München 1987, S 103: „Es gab auch Patienten, die mir auf die Anweisung: “Spüren Sie ihren Körper…was möchte ihr Körper tun?...“ Nur erwiderten: „Ich fühle gar nichts. Ich fühle nur Spannungen…hier…und da. „Für diese Patienten war der Körper „tot“..…..“Ich teilte die Patienten ein in solche, die einen dynamischen Prozess in sich (selbst) hatten und solche, die eine Intervention meinerseits brauchten. Bei der ersten Gruppe brauchte ich nur Kontakt zum Unbewussten der Patienten aufzunehmen und zu diesem Teil zu sprechen, zum Es, zum Körper – nicht zum Bewußtsein. Ich sagte zum Beispiel: “Fühlen Sie ihren Körper, lassen Sie ihn atmen…“ Das genügte um das Unbewusste ins Bewusstsein aufsteigen zu lassen….Für die Zweite Gruppe war das nicht ausreichend. Hier gab ich z.B. die Anweisung: „Versuchen Sie zu spüren, wie sich die Brust beim Ausatmen auf sie niedersenkt. Lassen Sie diesen Prozess noch weiter gehen.“ Gerda Boyesen schreibt auch in: „Von der Lust am Heilen“ (1995) S 175: „Wahre Transformation geht nur durch den Körper. Wenn die alten Alchemisten davon sprachen, etwas in Gold zu verwandeln, so meinten sie zuerst nicht da Metall, sondern diese Schwingung, die im Körper spürbar ist. So wie wenn man perfekt singt, dann spürt man Gold in der Kehle…Gold ist eine höhere Vibration.“ Foto: Lothar Reichel 1995.